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Dienstag, 3. Mai 2016

Bilderbuch für Große (& Kleinere sowieso)

Leider sind die Zeiten, in denen ich dank Kleinstinfantin im Haus in Bilderbüchern schwelgte, vorbei.
Derart illustrierte Bücher für die etwas erwachsenere Leserschaft sind eher selten, um so mehr freut mich die Neuauflage der Erzählung "Schischyphusch oder der Kellner meines Onkels" von Wolfgang Borchert im Atlantik Verlag mit den wunderbar zarten Illustrationen von Birgit Schössow :



Im Gesamtwerk von Borchert gibt es nicht viel zu lachen, ganz im Gegenteil. Sein kurzes Leben, geprägt von Diktatur, Krieg und Krankheit, spiegelt sich als  Grundtenor seiner Werke.
Auf die Forderung seiner Mutter hin, etwas Leichteres, Lustigeres zu schreiben, was seiner Gesundheit eher zuträglich sei, entstand die Geschichte rund um die Sprachfehler von Onkel und Kellner. 
Aber auch wenn die Erzählung der beiden grundverschiedenen Charaktere, vereint nur durch ihr "schschhhhhh", heiter und rührend daherkommt, ist das Grundmotiv wie fast immer bei Borchert ein Aufruf für die Menschlichkeit.

"Mein Onkel ergriff plötzlich mit seinen klobigen viereckigen Tatmenschenhänden die kleinen flatterigen Pfoten des Kellners und sagte mit der vitalen wütendkräftigen Gutmütigkeit und der tierhaft warmen Weisheit, die als primärer Wesenszug aller Riesen gilt :
"Armesch kleinesch Luder ! 
Schind schie schon scheit deiner Geburt hinter dir her und hetschen?""

Die Kirsche auf dem Kuchen des Genusses ist ein (bis unendlich viele) Zuhörer, denn dieser Text will gerne laut gelesen werden.
Abgesehen von der Lese-und Guckfreude an Schischyphusch, war dieses Buch Anlass, mich nach vielen Jahren nochmals mit dem Leben und Oeuvre Borcherts zu befassen. Es lohnt sich. Sehr.


Mein Fazit: Bitte mehr davon !





Wolfgang Borchert

Schischyphusch oder der Kellner meines Onkels


64 Seiten
Atlantik 
978-3455370348


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Spätabends noch auf die Leiter geklettert, ganz oben in der hinteren Reihe des Bücherregals Borcherts Gesamtausgabe gefunden; ohne Bilder, aber die hat man ja im Kopf. Danke für's Erinnern. Und: Schön, dass es hier im Blog jetzt wieder öfter etwas zu entdecken gibt.
Nette Grüsse, AnneK