In Sabine Rennefanz` Roman erzählt die Enkelin die Geschichte der Mutter ihrer Mutter, denn eine Großmutter im besten Sinne war sie nie...
Sie war kalt, herzlos und schrullig und damit das genaue Gegenteil des geliebten Großvaters.
"Meinen Großvater bewunderte ich, über meine Großmutter wunderte ich mich nur."
Wie und warum sich dieses Bild im Laufe der Geschichte komplett verrückt erzählt die Autorin in ruhigen, klaren , teilweise distanzierten Worten. Alles beginnt mit dem Anruf der Mutter und den geflüsterten Worten :"Ich habe etwas über deinen Großvater herausgefunden."
Was folgt ist eine deutsche Nachkriegsgeschichte von Flucht, Vertreibung, Fremdsein, Gewalt und Schweigen - Parallelen zu heute drängen sich auf.
Es geschehen Ungeheuerlichkeiten, die damals nach dem überlebten Schrecken des Krieges scheinbar eine andere Wertigkeit hatten. Doch nichts davon bleibt ohne Folgen, für keines des Familienmitglieder...
Die Geschichte von Sabine Rennefanz Familie (ich vermute zumindest starke autobiographische Anleihen) ist tausendfach erzählt und für viele, in Variationen, auch Teil der eigenen Familiengeschichte. Das sie mich dennoch sehr gefesselt hat, liegt an der stringenten Erzählweise und wunderbaren Bildern, die sich in meiner privaten Zitatenschublade im Kopf abgelegt haben :
"Auf den Steinen wird meist nur der Name eingraviert, dazu der Geburts- und Sterbetag, vom Dazwischen erzählt nur der Bindestrich."
Das Leben als Bindestrich - ich werde wohl keine Grabinschrift mehr betrachten ohne diesem Bindestrich besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
Mein Fazit : ein kluges, berührendes Buch mit beklemmenden Bezügen zum aktuellen Zeitgeschehen
Sabine Rennefanz
Die Mutter meiner Mutter
256 Seiten
Luchterhand
978-3630874548
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